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1918-1939 

Das Symbol des elsässischen Widerstand gegen Paris 

 


 

Auf der Illustration des 1916 von den Franzosen wiedereroberten Oberelsaß, ist Pierre Loti von jenen zahlreichen Fahnen frappiert, „den französischen und von jenen rot und weißen, die auf den Fenstern immer wieder emporragen.“

 

 

 

Auf den beiden Zeichnungen des französischen, nationalgesinnten Malers Hansi, der 1914 auf der französischen Seite kämpfte, sind hier elsass-lothringische Fahnen zu beobachten.

 

 

 

1918 geben die französischen Behörden den Elsässern zu verstehen, dass die rot und weiße Fahne zur Seite gestellt werden müsse. Diese würde das drapeau tricolor in den Schatten stellen und sei daher unerwünscht, da „jene Konkurrenz“ in den Herzen unverträglich sei.

 

Dies gilt Rapp, Ley und Muth, (den Gründern des exekutiven Komitees der Elsass-lothringischen Republik, 1919), als zusätzlicher Grund dafür, die rot und weiße Fahne als Zeichen zu adoptieren.

 

Gleich nimmt aber die, vom Anschluss an Frankreich ausgelöste Begeisterung ein Ende; es kommt zu einer Desillusion und im großen Ganzen ist das Wiedersehen mit den Franzosen von bitterem Geschmack. Die Elsässer, die seit Jahrhunderten an eine gewisse Autonomie gewohnt waren, werden nämlich mit einer zentralisierten Republik drastisch konfrontiert. Übrigens können mehr als 90% der Elsässer kein Französisch. Brutale Assimilationspolitik und frontale Attacken gegen das Lokalrecht werden ab 1918 ihren Alltag bestimmen.

 

Mehr brauchte man nicht, um wieder überall rot und weiße Fahnen flattern zu sehen. 1922 geht es los, mit dem Generalstreik der elsass-lothringischen Eisenbahner. Auch bei einer Wahlveranstaltung der Kommunisten Straßburgs kommt die Fahne ganz deutlich zum Vorschein; während die rot und weiße Volksmenge begeistert wimmert, ruft der künftige Bürgermeister Charles Hüber: „Ja, die sind unsere Farben, die wir schon als Protest gegen das preußische System aufstellten. Zwar haben wir sie noch nicht gegen die Franzosen verwendet, bald könnte es aber soweit sein!“

 

Der Abgeordnete Michel Walter (Mitte, Liberal) und die Ligue des Catholique werden bei den Riesendemonstrationen von Juli 1924 gegen die Säkularisierung, zu Straßburg einen rot und weißen Kranz am Fuß des Klebersteinbildes niederlegen. 1926 beim „blutigen Sonntag“, indem vereinte Autonomisten und Kommunisten den Aufzug führen, ist es wiederum die rot un weiße Fahne, die gehisst wird. Beim Colmarer Prozess im Jahre 1928, reißen Burschenschaften („conscrit“) das Blaue des drapeau tricolore als Protest weg und zeigen dabei ihre Solidarität mit den Angeklagten.

 

 

  Autonomistische Wahlplakate

 

 

Die elsässische Fahne wird dann selbstverständlich zum Zeichen par Excellence der Elsässer aller politischen Couleurs: Liberalen, Klerikalen, Radikalen und Independantisten. Auch im Kampf um die regionale Autonomie ist die Flagge allgegenwärtig: Befreiung des Grafen Zorn v. Bulach, Wahlkampf 1928, Colmarer Prozess, sowie bei zahlreichen politischen Veranstaltungen im Straßburger Sängerhüss.

 

Auch die von Rossé, Sturmel und vom Abbé Zemb gegründete „Association des centristes alsaciens“ wird die Fahne adoptieren. Am 24. Oktober 1933 beschmücken die elsässischen Katholiken, die gegen die französische kirchenfeindliche Politik kämpfen, die Tribüne ihrer Veranstaltung mit rot und weißen Fahnen, die mit dem lothringischen Kreuz versehen werden. Sogar 1936 wird, im Rahmen der Arbeiteraufstände neben der roten Fahne gehisst.

 

 

       Mai 1936: Elsässerin mit gehobenen Fäusten bei einer Demonstration: Rot un Wiss neben roter Fahne.